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Die Weihnachtshistorie bei Uwe Kersten |
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Theodor Storm an Paul Heyse (Briefe 4)
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Hademarschen, in der Vorweihnachtszeit 1881
"Ich muss Euch sagen, es weihnachtet sehr." Th. St. Zunächst aber, lieber Freund, mit Deiner Verschwendung an mich und mein Haus, Du musst wahrhaftig unter Kuratel gestellt werden!
Aber, gern gesteh ich, wenn um die Tannenbaumzeit, zumal wenn wie jetzt draussen in der weiten Luft so die weissen Flocken fliegen, wenn dann der Postbote so eine Kiste und wieder ein Kistchen und noch eine von lieber Hand aus der Feme ins Haus trägt - wenn's Leben nur leidlich geht, dann ist's eine heimliche kindische Freude, wie man sie nicht besser haben kann; und alles bleibt möglichst verschlossen und wird unterm Tannenbaum ausgepackt. |
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Die Götter ziehen um, die lieben Toten mit
ihnen, vielleicht guckt auch das Christkindlein aus seinem
Himmelsfenster: so viel ist gewiss, die Tanne brennt und
Geheimnis ist rings umher; Vergangenheit und Zukunft
grüssen. Deine längliche Kiste aus München kam heut morgen gleichzeitig mit einer Marzipanschachtel angelangt, und beide sind als köstliche Vermehrung des Weilmachtsschatzes weggepackt; auch Deine Verehrung an meine Frau kommt untern Tannenbaum und darf nicht eher gelesen werden.
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Du hast ihr damit natürlich eine rechte Freude und Ehre angetan ...
Heute packen wir die erste Kiste, an Hans in Frammersbach; sie wird diesmal mit Freude und Hoffnung gepackt und es kommt alles Mögliche hinein.
Nach Weihnachten gönnst Du mir wohl wieder ein paar Zeilen und schreibst dann auch, welche Kinder Du am Tannenbaum gehabt hast.
Grüss mir Dein Weib; wir beide wissen solche Wesen ja zu schätzen. Lucie, Elsabe, Dodo grüssen sehr.
Dein alter und getreuer Th. Storm. |
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BUCHSCHMUCK UND ILLUSTRATIONEN,
geschrieben und
Zusammengestellt von UWE KERSTEN |
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